Beschluss:
Der Stadtrat der Stadt Jessen (Elster) stimmt einem Beitritt der Stadt Jessen (Elster) zum Rahmenvertrag über die landeszentrale Vergabe der Lärmkartierung 2022 an Hauptverkehrsstraßen in Umsetzung der EU-Umgebungslärmrichtlinie zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und dem Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt (SGSA) zu.
Begründung:
Die
Stadt Jessen (Elster) ist gesetzlich dazu verpflichtet, die Geräuschbelastung
durch Umgebungslärm an Hauptverkehrsstraßen im Sinne des § 47 b des
Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) bis zum 30. Juni 2022 in einer
Lärmkarte darzustellen. Zur personellen und finanziellen Entlastung bieten der
SGSA und das Land Sachsen-Anhalt allen kartierungspflichtigen Gemeinden die
Möglichkeit, ihre Lärmkartierung landeszentral zu organisieren. Hierzu wird
durch den SGSA ein Rahmenvertrag mit dem Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch
das Landesamt für Umweltschutz (LAU), geschlossen, dem die Stadt Jessen
(Elster) beitreten kann.
I.
Allgemeines zur Lärmkartierung
Die EU-Umgebungslärmrichtlinie über die Bewertung und Bekämpfung von
Umgebungslärm verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Geräuschbelastung durch
Umgebungslärm im Turnus von fünf Jahren zu ermitteln und in Lärmkarten
darzustellen (Lärmkartierung). Danach sind bis zum 30. Juni 2022 Lärmkarten vorzulegen,
die dem seit 2018 geltenden neuen Berechnungsverfahrens (CNOSSOS-EU) für den
Umgebungslärm nach § 5 Abs. 1 der der Verordnung über die Lärmkartierung (34.
BImSchV) entsprechen.
Unter
die gesetzliche Kartierungspflicht fallen unter anderem Ballungsräume mit mehr
als 100.000 Einwohnern und Hauptverkehrsstraßen mit einer Verkehrsbelastung von
mehr als 3 Mio. Kraftfahrzeugen im Jahr. Die gesetzliche Verpflichtung ist in
der EG-Richtlinie 2002/49/EG (EU-Umgebungslärmrichtlinie) sowie in § 47 e i.V.
m. § 47 c Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) verankert. Die Städte und
Gemeinden sind für diese Aufgabe unabhängig vom Träger der Straßenbaulast gemäß
§ 47 e Abs. 1 BImSchG zuständig.
Betroffen
sind nach Angaben des LAU mit Stand 03. Mai 2021 neben den Ballungsräumen 106
Städte und Gemeinden mit rund 1004 km Hauptverkehrsstraßen.
Aus
der Vergangenheit ist bekannt, dass der erforderliche Koordinierungs- und
Abstimmungsaufwand
für die Lärmkartierung nicht leistbar und die erforderliche Technik nicht
vorhanden ist, womit die Lärmkartierung nur von speziellen Ingenieurbüros
vorgenommen werden kann. Den Städten und Gemeinden eine Aufgabe zu übertragen,
für deren Erfüllung sie sich Externen bedienen müssen und in der Folge hohen
Finanzierungsaufwand haben, wurde von Anfang an stark kritisiert. Das hierzu
geführten verwaltungsgerichtliche Musterverfahren endete jedoch mit Beschluss
des OVG Sachsen-Anhalt vom 14.07.2016 für die Städte und Gemeinden erfolglos.
II.
Lärmkartierung 2022 in der Stadt Jessen (Elster)
Auch
die Stadt Jessen (Elster) ist aufgrund dieser gesetzlichen Vorgabe dazu
verpflichtet, eine Lärmkartierung durchzuführen. Das LAU informierte die Stadt
Jessen (Elster) über den voraussichtlichen Kartierungsumfang. Der
voraussichtliche Kartierungsumfang ist zudem den Internetseiten des LAU (4.
Stufe der EU-Lärmkartierung (sachsen-anhalt.de)) zu entnehmen.
Danach
ist
-
ein
2,44Kilometer langer Abschnitt an der B 187
zu
kartieren.
Die
tatsächlichen Kartierungsdaten werden erst im Juli 2021 vorliegen. Dies ist dem
Umstand geschuldet, dass Art. 5 Abs. 1 der EU-Umgebungslärmrichtlinie bestimmt,
dass die für die Lärmkartierung heranzuziehenden Verkehrsdaten nicht älter als
drei Jahre sein dürfen. Als Basis für die Ermittlung der Kartierungspflicht
dient normalerweise die ebenfalls im Fünfjahres-Turnus stattfindende Straßenverkehrszählung.
Diese hätte im Jahr 2020 stattfinden sollen, kann pandemiebedingt jedoch laut
Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) / Richtlinien für die
Straßenverkehrszählung 2020 auf den Bundesfernstraßen erst in diesem Jahr
stattfinden, sodass nunmehr ein Hochrechnungsverfahren auf Grundlage der
Verkehrszählung aus dem Jahr 2015 auf die Verkehrsdaten 2019 erfolgt. Die
Hochrechnung der Ergebnisse der Straßenverkehrszählung 2015 ist durch die BASt
öffentlich ausgeschrieben. Für die landeszentrale Lärmkartierung sind jedoch
zahlreiche Stadt-/Gemeinderatsbeschlüsse sowie eine EU-weite Ausschreibung
erforderlich, sodass der Zeitablauf bis zum Vorlegen der Lärmkarten bei der
EU-Kommission eine Beschlussfassung zum Beitritt bis spätestens Ende Juli 2021 erfordert,
um das Kartierungsziel fristgerecht zu erreichen. Andernfalls ist die
Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens durch die EU-Kommission zu
befürchten. Ein Regressanspruch gegenüber den zuständigen Städten und Gemeinden
ist nicht ausgeschlossen.
III.
Zentrale Organisation der Lärmkartierung
Der
SGSA und das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch das LAU, werden für die
Lärmkartierung 2022 einen Rahmenvertrag schließen, der kartierungspflichtigen
Gemeinden die Teilnahme an einer landeszentralen Organisation der
Lärmkartierung ermöglicht. Kartierungspflichtige Gemeinden können diesem
Rahmenvertrag durch Erklärung beitreten (Die Beitrittserklärung ist als Anlage
beigefügt). Hierdurch beauftragen sie das LAU mit der Lärmkartierung
2022 für das Gemeindegebiet. Das LAU wiederum schreibt die Kartierung
einschließlich vorbereitender Arbeiten zur Beschaffung sowie Aufbereitung und
Qualifizierung benötigter Eingangsdaten aus. Es übernimmt die fachliche
Begleitung und Koordinierung der Arbeiten. Nach den bisher gemachten
Erfahrungen mit der Erfüllung der Lärmkartierungspflicht durch die
kartierungspflichtigen Städte und Gemeinden und der nunmehrigen Änderung des
Berechnungsverfahrens ist es allein durch starke inhaltliche Abstimmung
möglich, eine einheitliche Lärmkarte für Sachsen-Anhalt zu erstellen. Zudem ist
es für die Städte und Gemeinden ökonomischer die Durchführung der Aufgabe der
Lärmkartierung zentral bei einer Behörde des Landes anzusiedeln. Das
Zusammenspiel aus den erst im Juli verfügbaren Daten der
Straßenverkehrszählung, des neuen Berechnungsverfahrens sowie der
pandemiebedingten Kapazitäten der Ingenieurbüros und der personellen sowie
finanziellen Ressourcen der Städte und Gemeinden macht eine landeszentrale
Vergabe der Lärmkartierung erforderlich.
IV.
Finanzierung der landeszentralen Lärmkartierung
Zur
Finanzierung der landeszentralen Lärmkartierung erhebt das LAU von den
beigetretenen Städten und Gemeinden eine Umlage in Höhe von 800 Euro pro zu
kartierendem Streckenkilometer sowie einen Grundbetrag von 700,00 Euro. Aus
dieser Umlage finanziert das LAU sämtliche mit der Lärmkartierung 2022
einhergehenden ingenieurtechnischen Dienstleistungen, die als Fremdvergabe an
Dritte vergeben werden (einschließlich der Qualifizierung der Eingangs-daten).
Soweit
das LAU Mittel aus der erhobenen Umlage nicht benötigt, erstattet dieses den
beigetretenen Städten und Gemeinden diese Mittel nach dem der Erhebung
folgenden streckenbezogenen Ansatz zurück.
V.
Beitrittserklärung der Stadt Jessen (Elster)
Mit
der Erklärung des Beitritts würde sich die Stadt Jessen (Elster)
insbesondere
dazu verpflichten,
-
die
Lärmkartierung an das LAU zu vergeben und erforderliche Zuarbeiten zu leisten
(insbes. Mitwirkung bei der Bereitstellung von landeszentral nicht verfügbaren
Eingangsdaten sowie Abnahme der Datenmodelle für die Kartierung)
-
zur
Finanzierung einen Betrag in Höhe von 700 Euro zuzüglich 800 Euro pro zu
kartierendem Streckenkilometer im
Gemeindegebiet 2022 an das LAU zu zahlen.
Unter
Zugrundelegung des unter II) dargelegten Kartierungsumfangs entstünden für die
Stadt Jessen (Elster) Kosten in Höhe von
insgesamt [2,44Streckenkilometer x 800 Euro + 700,00 Euro Grundbetrag =
2.652,00 Euro].
Bei einem Verzicht auf die Teilnahme an der landeszentralen Kartierung
müsste die Verwaltung die Lärmkartierung frist-und fachgerecht selbst
durchführen.